Mehr als 700 Publikationen zeigen das Potential der onkologischen Sport- und Bewegungstherapie. So führt diese zur Verringerung von Nebenwirkungen, der Verbesserung der Therapieergebnisse und damit verbunden zur Verbesserung der Gesundheit der Patient:innen während und nach einer Krebsbehandlung. Daher wird zunehmend die Integration von Bewegungsförderung und -therapie als unterstützende Maßnahme in die interdisziplinäre onkologische Behandlung gefordert. Bundesweit betrachtet ist die Versorgung mit spezifischen Angeboten jedoch unzureichend. Studien zeigen, dass onkologische Patient:innen nicht ausreichend über Nutzen und Möglichkeiten von Bewegung informiert und daher nur gering körperlich aktiv sind.
Patient:innen und onkologische Fachkräfte beschreiben vielfältige krankheits- und therapiebezogene sowie strukturelle Barrieren, die einer regelmäßigen Umsetzung von bzw. Beratung zu körperlicher Aktivität im Weg stehen. Förderliche Bedingungen für eine flächendeckende Implementierung von Bewegungstherapie sind auf Basis der aktuellen Literatur vor allem die frühzeitige, behandlungsbegleitende Information und Motivation der Betroffenen zu Bewegung durch Fachpersonal und angebunden an die onkologische Versorgung sowie der niedrigschwellige Zugang zu (bestehenden) adäquaten und qualitätsgesicherten Bewegungstherapie-/Bewegungsförderungsprogrammen. Dies impliziert die Notwendigkeit einer qualifizierten Beratung und Weiterleitung für die Bewegungsförderung.
Daher soll im Projekt MOVE-ONKO eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Versorgungsstruktur aufgebaut werden, über die Patientent:innen identifiziert, beraten und an ein individuell passendes Bewegungstherapie-Angebot vermittelt werden können. Mithilfe von speziell entwickelten Fortbildungsprogrammen sollen hierfür Angehörige von Gesundheitsberufen (sogenannte Bewegungslotsen) und Fachspezialisten (sogenannte Bewegungsexperten) qualifiziert werden. Zur Steuerung des Versorgungsangebotes kommen eine eigens entwickelt und später auch im gesamten Netzwerk OnkoAktiv nutzbare Kommunikationsplattform und eine App zum Einsatz. Die neue Versorgungsstruktur wird zunächst an sieben onkologischen Spitzenzentren in drei Modellregionen in Deutschland (Rhein-Main-Neckar, Südschwarzwald, Berlin-Dresden) aufgebaut. Diese Versorgungsstruktur kann dann entsprechend angepasst in Organzentren und bei niedergelassenen onkologischen Versorgern eingesetzt werden, mit dem Ziel flächendeckend in der Regelversorgung etabliert zu werden.
Dabei stellen sich folgende Forschungsfragen:
- Inwiefern können die geplante Struktur und das Angebot für MOVE-ONKO in den onkologischen Spitzenzentren sowie den bei regionalen onkologischen Versorgern aufgebaut bzw. ausgebaut werden?
- Welche Barrieren und Förderfaktoren nehmen Einfluss auf den Auf- und Ausbau?
- Inwiefern kann die Inanspruchnahme bei Patient:innen verbessert werden?
- Wie entwickeln sich wahrgenommene Erfahrungen und Outcomes bei den in das Bewegungsprogramm eingeschlossenen Patient:innen?
- Welche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Implementierung werden benötigt/geschaffen?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird das Projekt mittels Mixed-Methods-Ansatz kontinuierlich evaluiert. Neben der Effektivität des Versorgungspfades werden Strukturen und Prozesse für eine nachhaltige Umsetzung erhoben. Hierfür sind die Befragung von n=2.240 erwachsenen Krebspatient:innen sowie qualitative Interviews mit Leistungserbringenden und Schlüsselpersonen geplant. Die Befragung der Patient:innen findet jeweils bei Studieneinschluss, nach vier Wochen, nach zwölf Wochen (Abschluss des Bewegungstherapieprogrammes) und nach 24 Wochen statt. Die Befragungen der Leistungserbringenden und Schlüsselpersonen fanden bereits vor Beginn der Intervention statt. Weitere Befragungen sind während der Implementierungsphase in den klinischen/onkologischen Zentren sowie während der Implementierungsphase bei regionalen onkologischen Versorgern geplant.
Das Projekt wird im Rahmen des Förderungsschwerpunktprogrammes „Modellhafte Implementierung von Strukturen für Sport- und Bewegungstherapie bei Krebspatienten“ von der Deutschen Krebshilfe (DKH) gefördert.