Sektion Translationale Präzisionsonkologie
Tumoren bestehen nicht aus einer homogenen Zellmasse, sondern aus vielfältigen, genetisch und funktionell unterschiedlichen Zellpopulationen. Diese sogenannte Tumorheterogenität spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Therapieresistenzen und beeinflusst maßgeblich den Krankheitsverlauf. In der Präzisionsonkologie geht es daher darum, diese Unterschiede gezielt zu erfassen und für individuell zugeschnittene Behandlungsstrategien zu nutzen. Unser Ziel ist es, durch ein tieferes biologisches Verständnis die Therapie von Patient:innen mit Krebs wirksamer und langfristig erfolgreicher zu gestalten.

Über uns
Unsere interdisziplinäre Arbeitsgruppe „Translationale Präzisionsonkologie“ besteht aus Ärzte:innn, Biolog:innen, Datenwissenschaftler:innen und Labormitarbeitenden und widmet sich der umfassenden molekularen Charakterisierung solider Tumoren mit dem Ziel, deren biologische Vielfalt besser zu verstehen und therapeutisch zu nutzen. Wir kombinieren modernste Einzelzelltechnologien, funktionelle genetische und Medikamenten-Screens, patientenabgeleitete Tumormodelle und funktionelle Analysen sowie innovative Datenanalysen, um neue Zielstrukturen zu identifizieren, prädiktive Biomarker für Therapieansprechen zu definieren, Mechanismen der Therapieresistenz aufzuklären und wirksame Behandlungsstrategien zu entwickeln. Erfolgversprechende Ansätze sollen konsequent in die klinische Anwendung überführt werden. Der Fokus liegt grundsätzlich auf entitätenübergreifenden Therapieansätzen, mit einem aktuellen Schwerpunkt auf gastrointestinalen und Kopf-/Hals-Tumoren.
Funktionelle Tumorheterogenität
Wir analysieren die funktionelle Relevanz einzelner Tumorzellpopulationen durch Single-Cell-Barcoding und Einzelzell-RNA-Sequenzierung. Dabei nutzen wir patientenabgeleitete 3D-Sphäroide, -Organoide und Xenograft-Modelle, um die Rolle spezifischer Zelltypen bei Tumorprogression und Therapieresistenz zu untersuchen (Dieter et al., Cell Stem Cell 2011; Weischenfeldt et al., Nat Genet. 2017; Giessler et al., J Exp Med 2017; Ball et al., EMBO Mol Med. 2017; Zowada et al., Cancers 2021).
Molekular-basierte Wirkstoffentwicklung und -testung
Mittels Hochdurchsatz-Substanzscreening identifizieren wir neue therapeutische Substanzen, charakterisieren Zielstrukturen und evaluieren rationale Kombinationstherapien. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung und präklinischen Erprobung eines CDK12-Inhibitors für die Behandlung pädiatrischer und erwachsener Patient:innen mit Krebs (Dieter et al., Cell Rep. 2018). Künstliche Intelligenz-unterstützte Multiomic-Analysen werden eingesetzt, um prädiktive, komplexe Biomarker zur Vorhersage von Therapieansprechen zu entwickeln.
Ein weiterer Fokus liegt auf Inhibitoren der transkriptionellen Aktivatoren YAP und TAZ. Beide spielen in soliden Tumoren entscheidende Rollen für Therapieresistenz und Tumorprogression. Wir möchten, besser verstehen, in welchen Tumoren eine Hemmung von YAP/TAZ vielversprechend ist und wie man damit Therapieresistenzen durchbrechen kann. Neben einer Entitäten-übergreifenden Validierung besteht hier ein besonderes Interesse an Kopf-Hals-Tumoren, die sehr häufig eine hohe YAP/TAZ Aktivität aufweisen.
Resistenzmechanismen und Überwindung therapiebedingter Resistenz
Wir untersuchen molekulare Ursachen von Resistenzentwicklungen (Dieter et al., Oncogene 2022), beispielsweise bei NRG1-getriebenen Tumoren mit erworbener Afatinib-Resistenz. Auf dieser Basis entwerfen wir gezielte Strategien zur Durchbrechung der Resistenz, die wir im Rahmen klinischer Studien auf ihre Wirksamkeit überprüfen (ClinicalTrials.gov: NCT05852522).
Molekulare Charakterisierung fortgeschrittener Tumoren
Ein besonderes Interesse besteht an seltenen Tumoren, außergewöhnlichem Therapieansprechen („exceptional responders“) sowie molekular gesteuerter Diagnostik und Therapie im Rahmen des NCT-MASTER-Programms zur klinischen Tumorsequenzierung (Dieter et al., Ann Oncol. 2017).
Molekular-basierte klinische Phase I-III Studien
Wir führen molekular-gesteuerte klinische Phase I-III Studien am NCT Heidelberg durch, um innovative und präzise Therapieansätze in der Behandlung von Patient:innen mit Krebs zu evaluieren und therapeutische Herausforderungen zu identifizieren, die wir im Labor adressieren können.
Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication Research (NCT-MASTER, NCT05852522) Multizentrische Beobachtungsstudie zur biologisch-orientierten Stratifizierung von Erwachsenen mit seltenen Krebserkrankungen
NECVAX-NEO1-02-INT (NCT06631079) – Mutanom-basierte Vakzinierung in Kombination mit Checkpoint-Inhibition beim rekurrenten/metastasierten Plattenepithelkarzinom des Kopf/Halses (Phase I/II)
BNT113-01 (NCT04534205) – mRNA-basierte Vakzine gegen virale Onkoproteine in Kombination mit Checkpoint-Inhibition beim HPV-assoziierten rekurrenten/metastasierten Plattenepithelkarzinom des Kopf/Halses (Phase II/III)
OrigAMI-2/3 (NCT06662786, NCT06750094) – Amivantamab (bispezifischer Antikörper gegen EGFR und MET) in Kombination mit Chemotherapie im rekurrenten/metastasierten RAS/RAF-Wildtyp kolorektalen Karzinom (Phase III)
BNT314-02 (NCTXXX) – BNT314 (bispezifischer Antikörper gegen EpCAM und 4-1BB) in Kombination mit BNT327 (bispezifischer Antikörper gegen PD-L1 und VEGF-A) und Chemotherapie im rekurrenten/metastasierten, Mikrosatelliten-stabilen kolorektalen Karzinom (Phase I/II)
Hanno Glimm/Claudia Ball (NCT Dresden)
Frank Westermann (KiTZ und DKFZ Heidelberg)
Stefan Pfister/Marc Zuckermann (KiTZ und DKFZ Heidelberg)
Bernhard Küster/Annika Schneider (TU München)
Michael Dill (Uniklinikum und DKFZ Heidelberg)
Marcel Trautmann (Uniklinik Münster)
Michal Harel/Yehonatan Elon (Binyamina-Giv'at Ada, Israel)
- Else Kröner-Fresenius-Stiftung
- Medizinische Fakultät Heidelberg
- European Innovation Council
- DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft
- Bayer
- NEC Bio Therapeutics
- Janssen
- DAAD - Deutscher Akademischer Austauschdienst
Sektionsleiter

Team

Michael Wegert
Klinische Translation
michael.wegert(at)nct-heidelberg.de

Mathea Fransisca
mathea.fransisca(at)dkfz-heidelberg.de

Sylvia Martin
sylvia.martin(at)nct-heidelberg.de

Maximilian Bullemer
MD Candidate
maximilian.bullemer(at)nct-heidelberg.de

Erik Kaiser
MD Candidate
erik.kaiser(at)nct-heidelberg.de

Constantin Zehender
MD Candidate
constantin.zehender(at)nct-heidelberg.de
Else Kröner Exzellenstipendium (2022, an Sebastian Dieter)
Vincenz-Czerny Preis (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie [DGHO], 2012, an Sebastian Dieter)
Pezcoller Foundation Scholar-in-training award (Amerinan Association for Cancer Research [AACR], 2011, an Sebastian Dieter)
Ruprecht-Karls-Preis (Universität Heidelberg 2014, an Sebastian Dieter)
Doktorandenpreis (DGHO, an Lino Möhrmann, Alumni, ehemals medizinsicher Doktorand der Arbeitsgruppe)
Dieter, S. M.*, Ball, C. R.*, Hoffmann, C. M.*, Nowrouzi, A., Herbst, F. et al. (2011). Distinct types of tumor-initiating cells form human colon cancer tumors and metastases. Cell Stem Cell 9, 357-365.
Dieter, S. M., Glimm, H., and Ball, C. R. (2017). Colorectal cancer-initiating cells caught in the act. EMBO Mol Med 9, 856-858.
Dieter, S. M.*, Heining, C.*, Agaimy, A., Huebschmann, D., Bonekamp, D. et al. (2017). Mutant KIT as imatinib-sensitive target in metastatic sinonasal carcinoma. Ann Oncol 28, 142-148.
Dieter, S. M., Siegl, C., Codo, P. L., Huerta, M., Ostermann-Parucha, A. L. et al. (2021). Degradation of CCNK/CDK12 is a druggable vulnerability of colorectal cancer. Cell Rep 36, 109394.
Dieter, S. M., Lovecchio, D., Pataskar, A., Zowada, M. K., Korner et al. (2022). Suppression of heparan sulfation re-sensitizes YAP1-driven melanoma to MAPK pathway inhibitors. Oncogene. Online ahead of print.