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vom 30.06.2020

Genomdaten besser nutzen: Konsortium entwickelt die notwendige Dateninfrastruktur

Die Genomforschung spielt in der modernen Gesundheitsforschung eine zentrale Rolle und trägt heute bereits zur besseren Versorgung von Patienten bei. Bei Krebs kann die Analyse des individuellen Tumorerbguts genetische Veränderungen aufspüren, um diese mit gezielten Therapeutika zu behandeln. Genomische Analysen werden zudem seit einiger Zeit vermehrt eingesetzt, um die genetischen Ursachen von seltenen Krankheiten zu entschlüsseln. Ziele des neu etablierten Konsortiums „Deutsches Genom-Phänom Archiv“ sind: die sensiblen Genomdaten bestmöglich zu nutzen und sie Wissenschaftlern in Deutschland und darüber hinaus auch der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft verfügbar zu machen sowie gleichzeitig die Persönlichkeitsrechte der Patienten zu wahren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese neue Dateninfrastruktur-Initiative als Teil der Nationalen Dateninfrastruktur Initiative (NFDI) für initial 5 Jahre.

Nicht nur die Genomsequenzierung produziert immense Datenmengen, die computergestützt analysiert werden müssen. Gesundheitsforscher analysieren heute auch das „Transkriptom“ (die Boten-RNAs), das „Epigenom“ (epigenetische Markierungen) oder das „Proteom“ (die Proteine) individueller Patienten. Zusammenfassend bezeichnen sie diese Analysen als „Omics“-Technologien.

Um den größtmöglichen wissenschaftlichen und medizinischen Nutzen aus diesen Daten zu ziehen, sollten sie für Forschungsvorhaben in Deutschland, sowie Verbundprojekte mit dem Ausland nutzbar sein. Gleichzeitig aber handelt es sich dabei um hochsensible Informationen, die entsprechend den spezifischen Anforderungen des deutschen Rechts geschützt werden müssen. Eine nationale Daten-Infrastruktur, die beides gewährleistet, fehlt bislang in Deutschland.

Das neu ins Leben gerufene Deutsche Humangenom-Phänom-Archiv (GHGA) wird diesen Bedarf bedienen und eine nationale Infrastruktur für die sichere Speicherung, den Zugriff und die Analyse von Omics-Daten (zum Beispiel Genome, Transkriptome, Epigenome) in einem einheitlichen ethisch-rechtlichen Rahmen aufbauen. GHGA setzt dabei auf existierende nationale Omics-Datenerzeuger und deren IT-Infrastrukturen auf, um eine harmonisierte, interoperable Infrastruktur zu schaffen. Die DFG fördert das GHGA über zunächst fünf Jahre als eines von insgesamt neun Konsortien für den Betrieb nationaler Forschungsdaten-Infrastrukturen. Der initiale Schwerpunkt des GHGA liegt auf Krebs und seltenen genetischen Erkrankungen - in Übereinstimmung mit den Schwerpunkten anderer Initiativen, wie der geplanten „Deutschen medizinischen Genominitiative“ (genomDE) und der Europäischen 1+Million Genomes Initiative (+1MG)

Im Fehlen einer technisch und rechtlich sicheren nationalen Infrastruktur für Omics-Daten sehen Wissenschaftler bislang ein wesentliches Hindernis, das Potential der Genomforschung in Deutschland und Europa voll auszuschöpfen. Partner in dem Projekt GHGA sind Professor Julio Saez-Rodriguez von der Universität Heidelberg sowie das Institut für Computational Biomedicine der Medizinischen Fakultät. Vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) beteiligen sich Professor Dirk Jäger und Professor Eva Winkler, Abteilung für Medizinische Onkologie des Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) und Professor Stefan Fröhling aus der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ). „Deutschland hat forschungsstarke Standorte in der Genomforschung, die jedoch bislang keine gemeinsame Plattform haben, um Genomdaten für die Forschung zu teilen“, sagt Professor Eva Winkler, Mitglied des Direktoriums von GHGA. „GHGA möchte eine breite Nutzung von Omics-Daten auf eine ethisch und rechtlich verantwortliche Weise ermöglichen, damit Forschungswissen schneller in der Patientenversorgung ankommt.“   

Mehr zum Deutschen Genom Phenome Archiv und zur Liste aller beteiligten Institutionen: http://www.ghga.de.