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vom 05.11.2020

Wissenschaftler empfehlen die rechtzeitige Vorsorge auch bei Familiengeschichte mit Brustkrebsvorstufen

Frauen haben ein erhöhtes Brustkrebsrisiko, wenn diese Krebsart bereits bei einem Familienmitglied ersten oder zweiten Grades aufgetreten ist. Bisher war dieser Zusammenhang nur für invasiven Brustkrebs erwiesen. Ein Forscherteam bestehend aus Wissenschaftlern und Ärzten vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und der Universität Heidelberg sowie internationalen Kollegen konnte nun zeigen, dass sich das Brustkrebsrisiko auch dann erhöht, wenn bei Familienmitgliedern Brustkrebsvorstufen gefunden wurden. Die Forscher empfehlen auf Grund ihrer Ergebnisse auch Frauen, bei deren Angehörigen eine Brustkrebsvorstufe diagnostiziert wurde, rechtzeitig mit der Brustkrebsfrüherkennung zu beginnen.

Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Deutschen Krebshilfe (DKH).


Brustkrebs ist weltweit die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und die häufigste Krebstodesursache. Studien haben ergeben, dass ein Mammographie-Screening-Programm die Brustkrebssterblichkeit senken kann. Das liegt daran, dass Ärzte die Möglichkeit bekommen, das Mammakarzinom bereits im Frühstadium zu erkennen. "Dadurch lässt sich die Krebserkrankung meist effektiver behandeln als in einem fortgeschrittenen Stadium", sagt Mahdi Fallah, Leiter der Gruppe "Risikodaptierte Prävention (RAD)" am DKFZ. "Viele Länder haben aus diesem Grund Früherkennungsprogramme initiiert."

Dies habe jedoch dazu geführt, dass immer mehr Frauen die Diagnose einer Krebsvorstufe bekommen. Fachleute sprechen von einem Karzinoma in situ - Das bedeutet, dass sich zwar krankhaft veränderte Zellen "an ihrem normalen Ort" in den Milchgängen der Brust befinden, diese abnormalen Zellen sind aber noch nicht in umliegendes Gewebe eingewachsen, wie es beim sogenannten invasiven Mammakarzinom der Fall ist. Durch die vermehrte Entdeckung von Mammakarzinomen in situ haben folgerichtig immer mehr Frauen einen derartigen Fall einer Krebsvorstufe in der Familie. "Bislang war allerdings nicht bekannt, ob Frauen mit solch einer Familiengeschichte selbst ein erhöhtes Brustkrebsrisiko aufweisen. Die bestehenden Leitlinien empfehlen aktuell nur bei Vorliegen eines Falls von invasivem Brustkrebs in der Familie, regelmäßig und frühzeitig mit der Früherkennung zu beginnen", sagt Elham Kharazmi, Ko-Leiterin der Studie und Wissenschaftlerin des DKFZ, am NCT Heidelberg und am Institut für Medizinische Biometrie und Informatik der Universität Heidelberg.

Fallah und seine Kollegen haben in der vorliegenden Studie nun untersucht, ob sich das Brustkrebsrisiko erhöht, wenn es in der Familie einen Fall von Mammakarzinom in situ gibt. Für ihre Untersuchung nutzten die Wissenschaftler landesweite schwedische Familienkrebs-Datensätze - "die weltweit größten ihrer Art", sagt Fallah, der die Studie geleitet hat. Die Daten bestehen aus Stammbaumdaten, die Familien mit Nachkommen geboren nach 1931 mit ihren Eltern verknüpft, und den schwedischen Krebsregisterdaten seit 1958. Die Datensätze werden alle zwei bis drei Jahre aktualisiert. Insgesamt umfasst das schwedische Register Stammbaumdaten von mehr als 12,8 Millionen Personen, etwa 1,7 Millionen Aufzeichnungen über fortgeschrittene Krebserkrankungen und etwa eine halbe Millionen Fälle von Karzinomen im frühen Stadium.

Die Forscher untersuchten Daten von insgesamt mehr als fünf Millionen Frauen. Bei der großen Mehrheit (87,6 Prozent) der Studienteilnehmerinnen waren am Ende der Studie keine Verwandten ersten und zweiten Grades mit Mammakarzinom. Von 40.352 Frauen, bei deren weiblichen Verwandten ersten und zweiten Grades ein Brustkrebs in situ aufgetreten war, erkrankten 584 während der Nachbeobachtung an einem invasiven Mammakarzinom.

Bei Frauen aller Altersgruppen ging die Tatsache, dass eine Verwandte ersten Grades - also Mutter, Schwester oder Tochter - ein Mammakarzinom in situ hatte, mit einem um etwa 1,5-fachen erhöhten Brustkrebsrisiko im Laufe des Lebens einher - immer verglichen mit denjenigen Frauen, die keinerlei Brustkarzinomfälle in der Verwandtschaft ersten oder zweiten Grades aufwiesen. Hatte die Verwandten ersten Grades invasiven Brustkrebs, war das Risiko 1,7-fach höher, bei Frauen unter 50 Jahren sogar um das Doppelte. War eine Verwandte zweiten Grades an einem Mammakarzinom in situ erkrankt, stieg das Risiko auf das 1,2-fache, bei invasivem Brustkrebs auf das 1,3-fache.

Zwar ist damit das Risiko für Frauen mit einer familiären Vorgeschichte von invasivem Brustkrebs ein wenig höher als das für Frauen mit einer familiären Vorgeschichte von in-situ-Karzinom, dennoch fanden die Forscher statistisch betrachtet keine signifikanten Unterschiede. "Das Brustkrebsrisiko von Frauen, die entweder Fälle von Brustkrebsvorstufen oder Brustkrebs in der Verwandtschaft aufweisen, ist ziemlich ähnlich", sagt Kharazmi und ergänzt: "Die Ergebnisse zeigen, dass die Familiengeschichte des Mammakarzinoms in situ nicht übersehen werden sollte." Sie und ihre Kollegen denken, dass die Krebsfüherkennungs -Empfehlungen für Frauen mit einer Familienanamnese von fortgeschrittenem Brustkrebs auch auf Frauen mit einer Familienanamnese von Brustkrebs im Frühstadium anwendbar seien. Ein solches Vorgehen könnte die risikoadaptierte Brustkrebsfüherkennung weiter verbessern.

Originalpublikation

T. Mukama, M. Fallah, H. Brenner, X. Xu, K. Sundquist, J. Sundquist and E. Kharazmi: Risk of invasive breast cancer in relatives of patients with breast carcinoma in situ: A prospective cohort study. BMC Medicine 2020, https://doi.org/10.1186/s12916-020-01772-x

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Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
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Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD)
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000-mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.