Juvenile myelomonozytäre Leukämie: Internationales Klassifizierungsmodell ermöglicht eine individuell angepasste Behandlung
Gemeinsame Pressemitteilung des NCT Heidelberg und des KiTZ
Die juvenile myelomonozytäre Leukämie (JMML) ist eine seltene Blutkrebsart des frühen Kindesalters. Bisherige Forschungsaktivitäten haben gezeigt, dass sich JMML-Patienten aufgrund bestimmter Erbgutmarkierungen, der DNA-Methylierung, in drei Gruppen einteilen lassen. Je nach Untergruppe können Aussagen über den Krankheitsverlauf getroffen werden. Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg und des Universitätsklinikums Freiburg haben nun zusammen mit internationalen Kollegen auf der Datenbasis von 255 Patienten eine weltweit gültige einheitliche Methodik für den Einsatz des Methylierungsstatus als Biomarker bei der JMML definiert. Die Methode zur Klassifizierung ist so konzipiert, dass sie im klinischen Alltag eingesetzt werden kann. Die Forscher wollen dadurch unter anderem Hochrisikopatienten schneller identifizieren, um ihnen in klinischen Studien den Zugang zu innovativen Behandlungen zu ermöglichen.
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Deutschen Krebshilfe (DKH).
An der juvenilen myelomonozytären Leukämie (JMML) erkranken hauptsächlich Kinder, meist noch vor Ende des zweiten Lebensjahrs. Die Blutstammzelltransplantation ist bisher die einzige Behandlungsform. Ist diese Therapie nicht erfolgreich, verläuft die Erkrankung häufig tödlich.
Forscher haben herausgefunden, dass die Krebsentstehung nicht nur ein rein genetischer Prozess ist. Auch Markierungen auf dem Erbgut können das unkontrollierte Wachstum von Zellen begünstigen. Wissenschaftler haben daher das Erbgut von JMML-Zellen auch auf das Auftreten von bestimmten chemischen Erbgutmarkierungen, der DNA-Methylierung, untersucht. Diese sogenannten epigenetischen Veränderungen steuern die Aktivität einzelner Gene. "Je nachdem, wie stark die DNA methyliert ist, lassen sich JMML-Patienten in drei Gruppen einteilen: Patienten, bei denen das Erbgut der Tumorzellen stark methyliert ist, weisen meist Merkmale auf, die mit einem erhöhten Rückfallrisiko nach Stammzelltransplantation verknüpft sind. Bei einer weiteren Patientengruppe, deren Tumorgenom nur schwach methyliert ist, verläuft die Krankheit in der Regel milder. Eine dritte Gruppe hat ein mittleres Maß an DNA-Methylierung", berichtet Daniel Lipka, Leiter der Sektion Translationale Krebsepigenomik in der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie des DKFZ und am NCT Heidelberg. Die Analyse des DNA-Methylierungsstatus wird daher inzwischen auch als Biomarker eingesetzt, um den Krankheitsverlauf der JMML-Patienten besser abschätzen zu können.
In der vorliegenden Studie haben internationale Wissenschaftler und Ärzte eine standardisierte Methodik zur Untergruppen-Einteilung der JMML anhand des DNA-Methylierungsmusters definiert. Hierfür wurden die Erbgutanalysen von 255 Patienten ausgewertet und klinisch sowie biologisch charakterisiert. "Unsere Analyse konnte das Methylierungsmuster als einzigen signifikanten Faktor nachweisen, der das Gesamtüberleben bei dieser speziellen Erkrankung vorhersagen kann", berichtet Maximilian Schönung, Erstautor der Publikation und Wissenschaftler in der Sektion Translationale Krebsepigenomik der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie des DKFZ und am NCT Heidelberg. Die Methode überprüften die Forscher in einer unabhängigen Patientengruppe und untersuchten darüber hinaus, ob die Analysen auch an verschiedenen Orten und mit unterschiedlichen technischen Gegebenheiten verlässliche Ergebnisse produzieren. Die Ergebnisse der Gruppeneinteilung stimmten in 98 Prozent überein und bewiesen damit eine hohe Zuverlässigkeit der Klassifizierungsmethode. "Dank dem internationalen Standardverfahren können JMML-Patienten jetzt zuverlässiger den drei Untergruppen zugeordnet werden. Insbesondere Hochrisikopatienten, für die eine allogene Blutstammzelltransplantation nicht heilend ist, können nun schneller identifiziert werden", sagt Christian Flotho, Wissenschaftler im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) am Universitätsklinikum Freiburg. "Für diese herausfordernde Patientengruppe entwickeln wir zusammen mit der europäischen Studiengruppe EWOG-MDS klinische Studien, die den Zugang zu innovativen Behandlungsmöglichkeiten eröffnen", ergänzt Lipka.
Originalpublikation
M. Schönung, J. Meyer, P. Nöllke, A. Olshen, M. Hartmann, N. Murakami, M. Wakamatsu, Y. Okuno, C. Plass, M. Loh, C. M. Niemeyer, H. Muramatsu, C. Flotho, E. Stieglitz, D. B. Lipka: International consensus definition of DNA methylation subgroups in juvenile myelomonocytic leukemia. CCR, DOI: 10.1158/1078-0432.CCR-20-3184
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Weitere Informationen zu Leukämieerkrankungen im Kindesalter, deren Erforschung und einen Patientenservice für Zweitmeinungen finden sie auf der Webseite des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ): www.kitz-heidelberg.de
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Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD), der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg und der Deutschen Krebshilfe. Ziel des NCT ist es, vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung möglichst schnell in die Klinik zu übertragen und damit den Patienten zugutekommen zu lassen. Dies gilt sowohl für die Diagnose als auch die Behandlung, in der Nachsorge oder der Prävention. Die Tumorambulanz ist das Herzstück des NCT. Hier profitieren die Patienten von einem individuellen Therapieplan, den fachübergreifende Expertenrunden, die sogenannten Tumorboards, erstellen. Die Teilnahme an klinischen Studien eröffnet den Zugang zu innovativen Therapien. Das NCT ist somit eine richtungsweisende Plattform zur Übertragung neuer Forschungsergebnisse aus dem Labor in die Klinik. Das NCT kooperiert mit Selbsthilfegruppen und unterstützt diese in ihrer Arbeit. Seit 2015 hat das NCT Heidelberg in Dresden einen Partnerstandort. In Heidelberg wurde 2017 das Hopp-Kindertumorzentrum (KiTZ) gegründet. Die Kinderonkologen am KiTZ arbeiten in gemeinsamen Strukturen mit dem NCT Heidelberg zusammen.
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD)
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit fast 2.000 Betten werden jährlich rund 80.000 Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.000.000-mal Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum und der Deutschen Krebshilfe hat das Universitätsklinikum Heidelberg das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg etabliert, das führende onkologische Spitzenzentrum in Deutschland. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.700 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
Das Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ)
Das "Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg" (KiTZ) ist eine kinderonkologische Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums, des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Heidelberg. Wie das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg, das sich auf Erwachsenenonkologie konzentriert, orientiert sich das KiTZ in Art und Aufbau am US-amerikanischen Vorbild der so genannten "Comprehensive Cancer Centers" (CCC). Das KiTZ ist gleichzeitig Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. Es verfolgt das Ziel, die Biologie kindlicher Krebs- und schwerer Bluterkrankungen wissenschaftlich zu ergründen und vielversprechende Forschungsansätze eng mit der Patientenversorgung zu verknüpfen - von der Diagnose über die Behandlung bis hin zur Nachsorge. Krebskranke Kinder, gerade auch diejenigen, für die keine etablierten Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen, bekommen im KiTZ einen individuellen Therapieplan, den Experten verschiedener Disziplinen in Tumorkonferenzen gemeinsam erstellen. Viele junge Patienten können an klinischen Studien teilnehmen und erhalten damit Zugang zu neuen Therapieoptionen. Beim Übertragen von Forschungserkenntnissen aus dem Labor in die Klinik übernimmt das KiTZ damit Vorbildfunktion.