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vom 17.12.2018

TOP-ART-Studie: Den Krebszellen gezielt das Reparaturwerkzeug wegnehmen

Die Phase 2-Studie prüft bei Patienten mit molekulargenetisch nachgewiesenen Störungen in der DNA-Reparatur die Therapie mit dem PARP-Inhibitor Olaparib in Kombination mit dem Medikament Trabectedin.

Jeder Krebs geht auf Erbgutveränderungen zurück. Meist sind sie im Laufe des Lebens in einzelnen Körperzellen entstanden, seltener von den Eltern vererbt. Zu den Erbgutveränderungen kommt es durch verschiedene Mechanismen, etwa durch Kopierfehler bei der DNA-Verdoppelung oder durch defekte DNA-Reparaturenzyme. Metastasierte solide Tumoren weisen häufig Veränderungen in Genen auf, die für die Reparatur von genetischen Schäden wie zum Beispiel DNA-Doppelstrangbrüchen entscheidend sind. Solche für die Zelle essentielle Gene sind unter anderem BRCA1/2, CHEK2 und PALB2. Ihre eigentliche Aufgabe ist es, durch die sogenannte „homologe Rekombination (HR)“ Fehler im Erbgut der Zelle zu beheben. Dabei tauschen sie genetisches Material zwischen den sich entsprechenden, also homologen Chromosomen des doppelten Chromosomensatzes oder zwischen verdoppelten Schwester-Chromatiden in der Phase der Zellteilung aus.

Bei Ausfall der Reparaturenzyme der HR ist die Krebszelle in der Regel von einem weiteren DNA-Reparaturweg abhängig, der ihr das Überleben sichert. Dieser zweite Weg ist das Reparaturenzym PARP1. Sind beide Reparaturmechanismen, also HR und PARP1 blockiert, ist dies für die Tumorzelle in der Regel tödlich.

An diesem Punkt setzt die TOP-ART-Studie – eine sogenannte „Investigator-Initiated Trial“ (siehe Infobox) – an, um einen neuen Behandlungsansatz für Krebspatienten mit lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten soliden Organtumoren zu prüfen. Die Phase 2-Studie schließt Patienten ein, die bereits defekte Gene im HR-Reparaturweg wie z.B. BRCA1/2 aufweisen. Damit haben die Krebszellen nur noch eine Möglichkeit, um die Schäden in der Zelle über PARP1 zu korrigieren. Mit der Kombinationstherapie aus zwei Medikamenten möchte man die Reparaturwege der Krebszelle bei diesen Patienten nun komplett ausschalten und so gezielt die Tumorzellen abtöten. Das eine Medikament (Trabectedin) verursacht zusätzliche genetische Schäden in Form von DNA-Doppelstrangbrüchen, die andere Substanz (Olaparib) hemmt das Reparaturenzym PARP1.

Ablauf
Ziel der Studie ist es, die Abhängigkeit von Tumoren mit defektem HR-Reparaturmechanismus vom PARP1-Reparaturweg therapeutisch zu nutzen. Im NCT/DKTK-MASTER-Programm werden Patienten mit Defekten in kritischen HR-Genen identifiziert und auf einen experimentellen Arm, in dem die Kombinationstherapie mit den beiden Wirkstoffen erfolgt, und einen Kontrollarm aufgeteilt. In der Kontrollgruppe werden die Patienten gemäß aktuellen onkologischen Therapieleitlinien behandelt.

Der PARP-Hemmer Olaparib (Lynparza®, AstraZeneca) wurde für die Behandlung von Patientinnen mit BRCA1/2-mutierten Ovarialkarzinomen zugelassen. Trabectedin (Yondelis®, PharmaMar) ist für die Therapie von Patienten mit Weichgewebesarkomen und platinsensitiven Ovarialkarzinomen zugelassen. Auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen mit den Medikamenten im experimentellen Arm erwarten die Wissenschaftler und Ärzte ein Abtöten der Krebszellen. Die Kombinationstherapie mit Olaparib und Trabectedin erfolgt in wiederholten Zyklen von drei Wochen.

 Teilnahmebedingungen

  • Alter von 18-70 Jahren
  • Lokal fortgeschrittene bzw. metastasierte solide Organtumoren
  • Nachweis von defekten Genen im HR-Reparaturmechanismus mittels Tumorgenomsequenzierung im NCT/DKTK-MASTER-Programm

Koordination: Prof. Dr. Stefan Fröhling, Prof. Dr. Richard Schlenk

Finanzierung: NCT Heidelberg und Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), AstraZeneca, PharmaMar

Anfragen zu dieser Studie: master@nct-heidelberg.de

Infobox: Was sind IITs?
Die TOP-ART-Studie ist eine von zahlreichen Investigator-Initiated Trials (IIT), die am NCT Heidelberg durchgeführt werden. Ein „investigator-initiated trial“ (IIT) ist eine von Wissenschaftlern, Universitäten und Studienzentren initiierte Studie. IITs haben das Ziel, neue Therapien zu prüfen, bereits angewandte Therapien zu optimieren und zwischen mehreren Behandlungsarmen die beste Therapie zu etablieren. Die Gesamtverantwortung wird von der initiierenden Institution und das Projektmanagement durch den Leiter der klinischen Prüfung koordiniert. Die Finanzierung von IITs erfolgt durch Mittel von öffentlichen Institutionen, wie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie Stiftungen oder der Industrie.