Eine Patientin kommt neu an das NCT Heidelberg, sie hat telefonisch einen Termin verabredet, aber jetzt steht sie zum ersten Mal vor dem Gebäude und weiß zunächst nicht, wo hin. Ihr gehen zudem tausend Dinge und Fragen zu ihrer Erkrankung durch den Kopf. Sie fühlt sich verunsichert und würde am liebsten wieder gehen. Da tritt direkt hinter dem Haupteingang eine freundliche Frau auf sie zu: „Haben Sie eine Frage, kann ich Ihnen helfen?“. Die Patientin ist erleichtert: „Oh ja, ich bin zum ersten Mal hier und mir ist gerade alles etwas zu viel. Wo muss ich hin für meinen Termin, was passiert dort mit mir, wer behandelt mich?“ Die freundliche Frau begleitet sie ein Stück weit ins Gebäude. „Kommen Sie mit, ich helfe Ihnen gerne. Ich bin ehrenamtliche Lotsin.“ – solche oder so ähnliche Szenen passieren am NCT Heidelberg seit fünf Jahren.
Im Jahr 2018 gegründet, bietet der Lotsendienst häufig den ersten Anlaufpunkt für Patient:innen, um sich in dieser schwierigen Situation zurechtzufinden. Die Lots:innen helfen bei der Orientierung im NCT-Gebäude und in den benachbarten Kliniken im Neuenheimer Feld. Sie haben ein offenes Ohr für die Anliegen der Patient:innen und informieren bei Bedarf über die Angebote der Beratungsdienste. 2023 feiert der Lotsendienst am NCT Heidelberg sein fünfjähriges Bestehen.
Momentan besteht das ehrenamtliche Team der Heidelberger NCT-Lotsen aus zehn Helfer:innen, zu erkennen an den fröhlich grünen Buttons, die sie an ihrer Kleidung tragen. Seit zwei Jahren decken die Lots:innen in zwei Schichten den gesamten Vormittag von 8 bis 13 Uhr ab. Ursprünglich war der Lotsendienst in einer Schicht von 9 bis 12 Uhr organisiert. Mindestens eine Lotsin oder ein Lotse ist immer im Dienst. Wenn er oder sie gerade Patient:innen im Haus begleitet, koordinieren die Mitarbeiter:innen am Empfang etwaige weitere Patientenanfragen. Für Patient:innen, die am Tag ihres NCT-Besuchs individuell und persönlich von einem Lotsen begleitet werden möchten, besteht die Möglichkeit, sich gezielt vor der Behandlung telefonisch oder per E-Mail anzumelden.
Das Lotsenprogramm am NCT Heidelberg wurde nach Anregung der ehemaligen NCT-Patientin Vanessa Weil vom NCT-Patientenbeirat und dem Heidelberger Selbsthilfebüro gemeinsam ins Leben gerufen.
Anne Müller ist hauptberufliche Selbsthilfebeauftragte am NCT Heidelberg und koordiniert den Lotsendienst. Sie sagt: „Die Einsatzbereitschaft der Lotsinnen und Lotsen ist sehr groß, sodass es selten einen Mangel an helfenden Händen gibt.“ Als Leiterin einer Selbsthilfegruppe weiß Anne Müller um die Sorgen, Nöte und Unsicherheiten der NCT-Besucher: „Es ist schon belastend genug, als Betroffener oder Betroffene ins NCT Heidelberg zu kommen, da wollen wir zumindest bei den organisatorischen Fragen konkrete Hilfe leisten.“ Als Koordinatorin arbeitet sie eng mit den Beratungsdiensten und dem medizinischen Personal im Haus zusammen. „Mittlerweile hat sich der Lotsendienst wirklich etabliert und gilt als fester Bestandteil des NCT Heidelberg”, erzählt Anne Müller.
Dies bestätigt auch Lotsin Edith Koch, die als frühere langjährige Mitarbeiterin der Universitätsaugenklinik seit drei Jahren ehrenamtlich als Lotsin aktiv ist: „Die Pflegekräfte kontaktieren uns manchmal direkt, wenn wir Patienten oder Patientinnen helfen können. So spüren auch die Leitstellen eine Entlastung durch unsere Arbeit.“ Edith Koch erlebte in den vergangenen Jahren insbesondere die Herausforderungen der Corona-Pandemie: „Aufgrund der strengen Corona-Vorsichtsmaßnahmen durften wir beim Empfang der Patienten und Patientinnen die Begleiter leider nicht mit ins Gebäude lassen. Dies fiel uns allen sehr schwer, da sich die Angehörigen große Sorgen machten und helfen wollten.” Doch auch diese emotionale Belastung konnte die Ruheständlerin nicht abschrecken und sie half, wo es nur ging. „Gerade in dieser Zeit waren die Betroffenen sehr dankbar, eine Begleit- und Ansprechperson zu haben und nicht das Gefühl zu haben, ganz alleine gelassen zu sein", sagt Edith Koch.
Die Arbeit der Lotsen am NCT Heidelberg ist geprägt von Überzeugung und Freude an der ehrenamtlichen Tätigkeit. Die Lotsen sind eine bunte Mischung aus Rentner:innen, Studierenden und auch ehemaligen Patient:innen. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, Krebspatient:innen sowie deren Angehörigen in einer schwierigen Zeit zur Seite zu stehen. Edith Koch beschreibt ihre Motivation so: „Wir als Lotsen sehen unsere ehrenamtliche Arbeit auch als Bereicherung für uns. Der direkte Kontakt zu den Menschen, die wir begleiten dürfen, gibt uns viel zurück. Wir helfen gerne und spüren die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht wird.“
Wo finde ich die Lotsen?
Montags bis freitags von 8 bis 13 Uhr am Empfang des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.
Wie kann ich die Lotsen kontaktieren?
Tel.: 06221 56-32835
E-Mail: nct.lotse@med.uni-heidelberg.de
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